Dienstag, 30. Juni 2015

Ich und die Liebe und ich

Wir haben ein gespaltenes Verhältnis zueinander, die Liebe und ich.

Ich liebe zuviel, zu oft und zu schnell. Ich liebe so sehr, dass die Liebe oft nicht hinterher kommt. Oder eigentlich nicht die Liebe, sondern die anderen Menschen. Die die ich liebe, oder lieben will. Die die mich leider dann irgendwie doch nicht lieben.

Als Kind bin ich sehr geliebt worden. Ich war ein Wunschkind, lang erhofft und erwartet, weil es lange nicht klappen wollte. Aber dann war ich da und alle waren verzückt. Ich war die ersten Jahre noch allein, das erste Geschwisterkind kam, da war ich 4. Bis dahin war ich die Prinzessin, vergöttert und perfekt. Davon erzählen meine Eltern noch heute. Sie waren stolz auf mich, niemand konnte mir das Wasser reichen. Auch wenn ich eher ein kleines Moppelchen war, zu viel Speck hier, zu viele Grübchen da, immer etwas zu viel gefüttert. Immer etwas übertrieben, weil sie nichts falsch machen wollten, weil mir nichts fehlen sollte. Meine Mutter ist nachts mit mir Auto gefahren damit ich schlafen konnte, weil ich so geweint habe wenn ich ruhig und alleine in meinem Bett schlafen sollte.

Mir wurden immer alle Steine aus dem Weg geräumt, mir sollte keiner etwas Böses tun, die Prinzessin sollte nicht unglücklich sein. Und ich war es auch nicht. Nur eins habe ich nie gelernt. Dass die Welt eben doch hässlich ist und nicht immer überall Liebe herrscht. Und darum haben wir ein Problem, die Liebe und ich. Weil ich zu sehr an sie glaube. Weil ich die Schattenseiten nicht sehe, nicht sehen will oder sehen kann.

Denn die Liebe ist ein Arschloch, eine kleine dreckige Hure. Sie ist nicht immer lieb und schön, sie glitzert nicht immer und macht einen glücklich. Sie kann hässlich sein, gemein und hinterhältig. Sie schleicht sich an, setzt sich im Herz fest, flüstert schöne Gedanken und Gefühle in einen hinein, aber eben nur in einen selber. Dass sie dabei übersieht, dass der gegenüber vielleicht gar nicht auch so denkt, dass übersieht sie. Und dann steht man da, hat die Gefühle gekostet aber im Herzen ist Regenwetter. Weil eine Prinzessin eben doch nicht immer alles bekommt. Und der Prinz auf dem weißen Pferd, mit der glänzenden Rüstung eben doch nur ein Arschloch in Alufolie ist.

Es ist nicht alles Liebe was glitzert und egal wie sehr man sein ein und alles geben will, nicht jeder will es auch haben. Und dann weiß man plötzlich nicht mehr wohin damit!

Seelenmüll

Wohin mit all den Gedanken im Kopf, den Gefühlen die regelmässig überlaufen. Dem seelischen Müll der in den längst überquellenden Mülleimer im Kopf nicht mehr reinpasst.

Darüber bloggen ist ein Ding, aber Blogs sind eigentlich etwas wo man lang und breit über ein Thema redet, wo man sich einen Tital ausdenkt und dann darüber philosophiert. Das kann helfen wenn die Gedanken zu einem Tema überhand nehmen.

Oder ein Buch schreiben, auch damit habe ich bereits angefangen, ein Buch über mein Leben. Nein, eigentlich nicht über mein Leben sondern über den Scheiß der letzten Jahre. Aber da dieser Mist natürlich auf all den vorhergehenden Jahren aufbaut ist es natürlich auch ein Buch über mein Leben. Wobei es nicht mal wirklich ein Buch ist, es sind nur Seiten in einem Word-Dokument, 60 an der Zahl bisher, aber es werden bestimmt noch mehr denn ich bin noch nicht am Ende angekommen und wie ich mein Leben kenne ist es auch mit mir noch nicht fertig. Zu lesen hat es bisher noch keiner bekommen, aber ich weiß schon wer es zuerst lesen darf.

Bleibt eigentlich nur der Rest des Internets, die Social Networks. diese kleinen Plätze im Internet wo man quasi anonym sein ganzes Leben ausbreiten kann. Facebook, nicht wirklich dazu geeignet sich seinen Seelenmüll aus dem Kopf zu quatschen, denn dort sind ja alle vertreten die sich Freunde nennen, es aber eventuell gar nicht (mehr) sind. Oder Kollegen, Familie, Klassenkameraden. Früher war ich oft dort, ich habe es auch sehr zu schätzen gelernt, denn dort habe ich viele Menschen aus der ganzen Welt wiedergefunden, von den Orten an denen ich gelebt habe, ausserhalb Deutschlands. Aber auch die interessieren sich nur halbherzig dafür wie sehr mein Leben nach meiner Zeit mit ihnen den Bach runtergegangen ist.

Und so bin ich zu Twitter gekommen. Nein, eigentlich nicht so denn ich war schon mal vorher dort, aus gänzlich anderen Gründen, die dann aber im Licht der ganzen Scheisse die passiert ist eher unwichtig geworden sind. Jetzt ist mein Twitter mein Mülleimer, der Ort an dem ich das Chaos in meinen Kopf ordnen kann. Dort schaffe ich es Gedankenfetzen in 140 Zeichen zu verpacken, mal lustig, mal traurig, mal melancholisch. Aber immer mit Herz dahinter.

Und dort interessiert es die Menschen, sogar die die ich nicht schon jahrelang kenne, die meisten kenne ich sogar gar nicht. Und sie kennen mich nicht, sie sehen nur den Ava, dieses kleine quadratische Bildchen auf dem steht "I can't do this, but I am doing it anyways". Weil das wiederspiegelt wie ich bin, ich mache immer weiter, auch wenn ich nicht mehr weiter kann. Ich bin eine Kämpferin. Ich kämpfe täglich mit meinen Gedanken, mit meinem Seelenmüll. Aber jetzt wo ich ihn bei Twitter loswerden kann, jetzt ist es nicht mehr so schlimm, denn wenn es geschrieben ist, dann ist es raus aus dem Kopf, im Mülleimer der unendlichen Weite des Internets. Und dort findet ihn vielleicht jemand, diesen Müll und hält ihn für Gold, oder wenigstens für so wertvoll, dass er einen Stern wert ist.

Der Anfang vom Ende

Wo genau fing es eigentlich an, das Ende von allem, der Anfang von dem was gerade mein Leben so ins Chaos stürzt?

Irgendwo in den letzten 3-5 Jahren ist irgendwo was gewaltig schief gelaufen, irgendwo hat das Leben sich gedacht es müsste mir mal gewaltig ein paar Steine in den Weg legen, nein eigentlich eher Felsbrocken. Und dann hämisch grinsen weil ich drüber gestolpert bin. Und als ich mich dann gerade wieder aufgerappelt hatte kam ein Haarnadelkurve, dann eine Steigung, dann ein Gefälle und am Ende ein Abgrund.

Wie so eine Bergtour, nicht wie eine nette, entspannende Sonntagswanderung im Wald. Nein etwas wo man so richtig aus der Puste kommt und irgendwann japsend nicht mehr weiter weiß. Und dann ist man gerade am Gipfel, freut sich dass man es geschafft hat und dann rutscht man ab und fällt.

Der Abgrund, jahrelange Depressionen, wochenlang nur mit Tabletten schlafen können, tagelang nicht aus dem Bett gekommen. Sowas schlaucht, unglaublich sogar. Und aus dem Abgrund wieder rauskrabbeln, das ist fast schlimmer als der Aufstieg auf den Gipfel, trotz Steigungen und Gefälle, trotz Steinen und Geröll. Das ist dann eher wie ein Sonntagsspaziergang im Vergleich.

Ich hatte es geschafft, Rauf auf den Gipfel, abgestürzt und trotzdem wieder rausgekrabbelt. Klar waren da Menschen um mich rum, aber die haben mich höchstens angefeuert, mir hier und da mal verbal einen Schubs gegeben, rauskrabbeln musste ich allein. Und nachdem ich das alles geschafft hatte, haben sich erst alle gefreut. So lange bis sie gemerkt haben, der Mensch der aus der Hölle da unten entkommen ist, der ist nicht mehr der alte, vielleicht wieder so in etwa wie diejenige die ich vorher war, nur krasser, stärker, gefestigter, willenstärker, bereit auf alle zu verzichten die ihr eben NICHT aktiv da raus geholfen haben. Auch wenn es Familie ist, im Stich gelassen haben sie mich trotzdem, und das tut weh!

Und da beginnt eigentlich der Anfang vom Ende. Ich bin jetzt unbequem, ich lasse mir nichts mehr sagen, ich entscheide wieder selber, ich bin nicht mehr zu verbiegen, ich lasse mich nicht mehr manipulieren, ich sage laut und deutlich FICKT EUCH, wenn jemand etwas will was mir nicht passt.
Und siehe da, plötzlich ist keiner mehr stolz darauf was ich geschafft habe oder freut sich, denn stark und unabhängig war ich so lange nicht, dass sich alle an das schwache und hilfose Mädchen gewöhnt haben. Plötzlich fassen sie sich alle an den Kopf und jetzt, wo ich nicht mehr depressiv und verrückt bin, jetzt halten mich alle genau dafür - verrückt. Durchgeknallt. Irre. Weltfremd.

Ich muss mich selbst auch erst wieder an mich gewöhnen, manchmal da habe ich noch sehr schwache Momente, da wäre ich gerne wieder dieses Mädchen, das sich darauf berufen kann, dass es einfach nichts selber kann, weil das was getan werden muss unangenehm ist, so wie das Leben eben unangenehm ist, und scheisse, hart, gemein, unplanbar, herzzerreissend.

Ich wünsche mir selbst, dass ich es schaffe. Das ich meinen Weg gehen werde, auch wenn ich es allein tun muss. Das ist das schwerste, das alleine sein. Ich war es so lange nicht, ich bin daran nicht gewöhnt, es macht mir Angst. Nicht unbedingt weil ich einsam bin, das ist natürlich auch hart, aber wer allein ist hat zu viel Zeit nachzudenken. Und nachdenken kann ich gut, die Gedankenspirale immer weiter abwärts laufen in Gedanken, zurück in den Abgrund. Und da unten will ich NIE WIEDER hin!